In der Tumormedizin wird seit einigen Jahren intensiv nach Therapieformen gesucht, die gezielt einen im Tumor „überaktiven“ Signalweg oder Eiweißstoff hemmen oder gar ausschalten. Dank des gezielten Ansatzes soll die Therapie nur geringe Nebenwirkungen aufweisen und für den Patienten gut verträglich sein. Gut differenzierte (G1/G2), neuroendokrine Tumoren nehmen hier eine Vorreiterrolle ein, da sie in weit größerer Zahl als die normalen gesunden Körperzellen sog. Somatostatinrezeptoren an der Tumorzelloberfläche tragen. Diese Somatostatinrezeptoren bilden seit nunmehr 25 Jahren die Grundlage für spezielle, zielgerichtete bzw. maßgeschneiderte Therapieansätze von neuroendokrinen Tumoren. Seit 25 Jahren stehen Somatostatine als wirkungsvolle Medikamente zur Verfügung, die an die auf Karzinoidzellen vorhandenen Somatostatinrezeptoren binden.

Seit 20 Jahren stehen Somatostatine als wirkungsvolle Medikamente zur Verfügung, die an die auf Karzinoidzellen vorhandenen Somatostatinrezeptoren binden, und damit das Tumorwachstum bremsen, ohne dabei Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Haarausfall zu verursachen. Um diese Wirkung zu verstärken, lag es nahe, einen radioaktiv markierten Abkömmling der Somatostatine zur tumorzell-gerichteten, internen Strahlentherapie einzusetzen. Seit mehr als 10 Jahren werden hierfür unterschiedliche Radionuklid-dotierte Somatostatine eingesetzt.

Heutzutage werden als radioaktive Elemente insbesondere Lutetium-177 und Yttrium-90 angewandt.  Lutetium-177 oder Yttrium-90 werden zu diesem Zwecke durch sog. Chelatoren üblicherweise an das Somatostatin-Analog Octreotid gebunden. Das daraus resultierende radioaktive Medikament (90 Y-DOTATOC,  177-Lu-DOTATOC oder 177-Lu-DOTATATE) wird dem Patienten für die interne Strahlen-Behandlung in die Vene verabreicht. Sobald sich das Medikament im Blutkreislauf befindet, erkennt innerhalb des Medikaments der Octreotid-Anteil all diejenigen Karzinoidtumorzellen, die Somatostatinrezeptoren auf ihrer Oberfläche tragen und bindet sich an sie. Die radioaktiven Teilchen innerhalb des Medikaments töten nach der Bindung an die Tumorzelloberfläche die Karzinoidtumorzellen durch Beta- und Gamma-Strahlung ab. Die PRRT eignet sich somit für die interne Strahlenbehandlung aller rezeptorpositiven Metastasen, einschließlich evtl. Knochenmetastasen von Karzinoidtumoren.

Die PRRT soll allerdings nicht angewandt werden bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (erhöhte Kreatinin- oder Harnstoffwerte), bei Knochenmarksdepression (verringerte Zahl an roten oder weißen Blutzellen oder an Blutplättchen) und ebenso wenig bei Patienten mit schlecht differenzierten (G3), neuroendokrinen Tumoren. Der kontrollierte Vergleich der PRRT mit der medika­mentösen Behandlung steht bislang aus. Allerdings schließen sich diese Behandlungs­formen keineswegs gegenseitig aus, vielmehr werden sie oftmals kombiniert.

Anmerkungen zu häufigen nuklearmedizinischen Abkürzungen:

DOTA        = 1,4,7,10-Tetraazacyclododecan-1,4,7,10-Tetraessigsäure
DOTATOC  = DOTA-Phe1-Tyr3-Octreotid (DOTA-Tyrosin-Konjugat mit Octreotid)
DOTANOC  = DOTA-Naphthyl3-Octreotid (DOTA-Naphthyl-Alanin-Konjugat mit Octreotid)
DOTATATE = DOTA-Tyr3-Thre8-Octreotid (DOTA-Threonin-Konjugat mit Octreotid)


 

 
Prof. Dr. med. Hans ScherüblFachliche Beratung

Zentrum für neuroendokrine Tumoren
Prof. Dr.med. Hans Scherübl
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