Endoskopie und Entnahme von Gewebeproben

Die zuverlässige Diagnose erfolgt mit Hilfe der feingeweblichen Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem Ursprungstumor, gfls. aus einer Absiedelung (=Tochtergeschwulst = Metastase). Neuroendokrine Tumoren des Magens oder des Zwölffingerdarms werden durch eine „Magenspiegelung“ (Ösophagogastro­duodenoskopie), Tumoren des Dickdarms und des letzten Abschnitts des Dünndarms durch eine „Darmspiegelung“ (Ileo-Koloskopie) festgestellt. Bei jeder der endoskopischen Untersuchungen, die heutzutage unter Kurznarkose erfolgen,  werden Gewebeproben aus dem neuroendokrinen Tumor entnommen. Diese Proben werden dem Pathologen zur histologischen (feingeweblichen) Untersuchung zugesandt. Karzinoidtumoren des mittleren Dünndarms (des Jejunums=Leerdarms) und des unteren Dünndarms (des Ileums=Krummdarms) können durch die Kapselendoskopie oder die Ballonenteroskopie festgestellt werden. Oftmals wird die (Verdachts-) Diagnose aber bereits klinisch, laborchemisch oder mit einer radiologischen Dünn-darmuntersuchung (Computertomographie-Enteroklysma, Magnetresonanztomographie-Enteroklyma) gestellt.
                                                                                                             
Sehr kleine Tumoren der Bauchspeicheldrüse werden am zuverlässigsten durch den endoskopischen Ultraschall (Endosonographie) gefunden. Tumore der Bauchspeicheldrüse können zudem durch die Magnetresonanztomographie und die Computertomographie, Bronchus- und Thymuskarzinoide v.a. durch die Computertomographie nachgewiesen werden. Zur feingeweblichen Diagnose ist eine Gewebeentnahme erforderlich; diese erfolgt bei Bronchuskarzinoiden durch die sog. „Lungenspiegelung“ (Bronchoskopie), bei unklaren Bauchspeicheldrüsentumoren oftmals im Rahmen einer Endosonographie. Für diese endoskopischen Untersuchungen erhält der Patient eine Kurznarkose.

Finden sich bei Diagnosestellung Absiedelungen in der Leber, wird gezielt eine Gewebeprobe aus einer der Lebermetastasen entnommen. Auch hierfür kann der Patient ein beruhigendes Medikament erhalten.

Abbildung 4:
Magenspiegelung (= Endoskopie der Speiseröhre, des Magens und des Zwölf­fingerdarms = Ösophagogastroduodenoskopie): Dargestellt sind auf der linken Seite im Bildausschnitt mehrere, 2-4 mm große Magenkarzinoide.

Rechts ist ein 4 mm großes Karzinoid des Zwölffingerdarms zu sehen. Das endosonographische Graubild (direkt darunter) zeigt, dass das Karzinoid oberflächlich liegt und somit durch das Endoskop abgetragen werden kann.

 Abbildung 4Abbildung 4b 

 

Abbildung 5:
Darmspiegelung (= Endoskopie des Dickdarms = Koloskopie). Die Endo­skopie­bilder zeigen jeweils ein kleines (< 1cm), gut differenziertes (G1) Karzinoid des Mastdarms (Rektum).

Abbildung 5Abbildung 5b

Abbildungen 4 und 5 modifiziert nach Scherübl & Stölzel, Glandula NeT 2009; 31-32 bzw. nach Scherübl & Klöppel, Zeitschr f Gastroenterologie 2009; 47: 365-371

Abbildung 6:
Kapselendoskop (z.B. Olympus Deutschland GmbH, Hamburg). Die Kapsel wird vom Patienten geschluckt und nimmt ihren Weg durch Magen und Darm, bevor sie ausgeschieden wird. Während dieser Passage nimmt die Kapsel Tausende von endoskopischen Bildern des Dünndarms auf.


Abbildung 6Abbildung 6b


Abbildung 7:
Aufbau eines Kapselendoskops (z.B. Given M2ATM, Given Imaging Ltd., Yoqneam, Israel).




Abbildung 8:
Schema eines Doppel-Ballon-Enteroskops. Mit dem Doppel-Ballon-Endoskop gelang es, das 12 mm große Dünndarmkarzinoid (rechts im Bild) darzustellen und Gewebeproben für die feingewebliche Untersuchung zu entnehmen.

Abbildung 8Abbildung 8b


Abbildungen 6, 7 und 8 modifiziert nach Scherübl & Faiss, Glandula NeT 2007; 14-16 und nach Scherübl et al., Gastrointestinal Endoscopy 2005; 62: 994-5

Computertomographie, Positronen-Emissions-Tomographie, Somatostatinrezeptor-Szintigraphie, 68-Gallium-DOTATOC-PET/CT

Um unbekannte Absiedelungen aufzuspüren, werden computertomographische (CT) Untersuchungen des Brust- und Bauchraums und die sog. Somatostatinrezeptor-Szintigraphie eingesetzt. Die Somatostatinrezeptor-Szintigraphie fahndet mit Hilfe eines in die Blutbahn injizierten, radioaktiv-markierten Somatostatins nach denjenigen gut differenzierten, neuroendokrinen Metastasen, die sog. Somatostatinrezeptoren auf der Zelloberfläche tragen. Somatostatinrezeptoren sind spezielle Antennen oder Erkennungsmerkmale auf der Oberfläche (der Mehrzahl) von gut differenzierten, neuroendokrinen  (Tumor-) Zellen. Oftmals werden auch unter­schiedliche bildgebende Verfahren kombiniert wie z.B. bei der 68-Gallium-DOTATOC-PET/CT Untersuchung (bzw. 68-Gallium-DOTATATE-PET/CT oder 68-Gallium-DOTANOC-PET/CT).

PET steht für Positronen-Emissions-Tomographie. Die PET ist der Szintigraphie vergleichbar, stellt aber durch radioaktive Substanzen nicht nur den Tumor dar, sondern macht zudem Stoffwechselvorgänge in den Tumorzellen sichtbar. Deshalb führt bei gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren die kombinierte Bildgebung aus 68-Gallium-DOTATOC-PET und Computertomographie (CT) i.d.R. zu einem noch besseren Auflösungsvermögen.

Im Gegensatz dazu ist bei den undifferenzierten neuroendokrinen Tumoren nicht die 68-Gallium-DOTATOC-PET/CT, sondern die sog. 18-FDG-PET/CT das geeignete Untersuchungsverfahren. Die 18-FDG-PET mit fluorierter Deoxyglucose (18-F-Deoxyglucose) macht einen unspezifisch gesteigerten Glucosestoffwechsel in undifferenzierten (schnell proliferieren­den), neuroendokrinen Tumorzellen sichtbar. Gut differenzierte neuroendokrine Tumoren haben dagegen einen (sehr) geringen Glucosestoffwechsel; folgedessen ist für  die gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren die 18-FDG-PET kein geeignetes Untersuchungsverfahren.

Erklärung von häufigen nuklearmedizinischen Abkürzungen:

DOTA          =  1,4,7,10-Tetraazacyclododecan-1,4,7,10-Tetraessigsäure
DOTATOC    =  DOTA-Phe1-Tyr3-Octreotid (DOTA-Tyrosin-Konjugat mit Octreotid)
DOTANOC    =  DOTA-Naphthyl3-Octreotid (DOTA-Naphthyl-Alanin-Konjugat mit Octreotid)
DOTATATE   =  DOTA-Tyr3-Thre8-Octreotid (DOTA-Threonin-Konjugat mit Octreotid)                      
18-FDG        =  fluorierte Deoxyglucose (18-F-Deoxyglucose)                                               
SPECT         =   single photon emission computed tomography                                                    
CT               =  Computertomographie                                                                                        
PET             =  Positronen­-Emissions-Tomo­graphie                                                          
PET/CT        =  gleichzeitige Untersuchung mittels PET und CT  



Abbildung 9:
Szintigraphische, computertomographische und PET/CT-Bilder von neuroendokrinen  Tumoren und deren Metastasen

 

Abbildung 9Abbildung 9b

Die 68-Gallium-DOTATATE-PET/CT-Bilder wurden freundlicherweise vom PET-Zentrum des Vivantes Netzwerkes für Gesundheit,  Berlin  zur Verfügung gestellt (siehe  http://www.vivantes.de/mvz/fachpraxen/pet-ct/)

abbildung9cabbildung9d

abbildung9e
modifiziert nach Högerle 2002

 

Laboruntersuchungen

Funktionelle neuroendokrine Tumoren können bei typischen klinischen Symptomen durch die Bestimmung spezifischer Hormonspiegel (Gastrin i.S. im Falle eines Gastrinoms, Insulin i.S., C-Peptid i.S. und Proinsulin i.S. im Falle eines Insulinoms, Serotonin i.S. oder 5-Hydroxyindolessigsäure i.U. im Falle eines Dünndarm­karzinoids, usw.) mit hoher Sicherheit festgestellt werden. Weiterhin gilt Chromogranin A als allgemeiner, wenngleich wenig spezifischer Tumormarker von neuroendokrinen Tumoren. Chromogranin A wie auch Gastrin, Insulin, C-Peptid, Proinsulin und Serotonin werden durch eine Blutabnahme bestimmt. 5-Hydroxy­indolessigsäure wird im Urin nachgewiesen.

 

Prof. Dr. med. Hans ScherüblFachliche Beratung

Zentrum für neuroendokrine Tumoren
Prof. Dr.med. Hans Scherübl
Vivantes Klinikum Am Urban
Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité, Berlin
Dieffenbachstraße 1
10967 Berlin

Tel: (030) 130 225201
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